Restitution und Repatriierung

Die Provenienzforschung fragt nach der Herkunft von Kunstwerken, auch mit dem Ziel, diese an ihre rechtmäßigen Eigentümer*innen zu restituieren, also zurückzugeben.

Auswahl an restituierten Objekten

Restitutionen

Der zahlenmäßig größte Umfang der von den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) restituierten Kunstwerke kam im Zuge der Bodenreform/»Schlossbergung« in der sowjetischen Besatzungszone in die Museen. Sie stammten aus den über 1 000 enteigneten Schlössern und Herrenhäusern Sachsens. Seit den 1990er Jahren restituierten die SKD allein in diesem Zusammenhang eine Objektanzahl im mittleren fünfstelligen Bereich an die Opfer der Bodenreform. Rechtliche Grundlage für solche Rückgaben bildet das 1994 verabschiedete Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz (EALG). In vielen Fällen konnten durch gütliche Einigungen und Rückerwerbungen die Kunstwerke in den SKD verbleiben. Das Haus Wettin war von den Enteignungen in größtem Umfang betroffen, die Verhandlungen wurden zum Sonderfall.

Zahlenmäßig zwar von geringerem Umfang, allerdings von größter moralischer Bedeutung sind Restitutionen von NS-Raubgut. Die Opfer des Nationalsozialismus wurden nicht nur ihres Eigentums beraubt; oft wurden sie ermordet. Die Grundlage für Restitutionen bildet in Deutschland nach Ablauf der Antragsfristen allerdings kein Gesetz mehr, sondern die Selbstverpflichtung zur Anerkennung der »Washingtoner Prinzipien« von 1998. Kern der Übereinkunft ist das Finden »gerechter und fairer Lösungen«, die ebenso differenziert sein können, wie es die damaligen Entziehungsumstände waren. Die SKD konnten Kunstwerke sowohl an die einst Beraubten und ihre Erb*innen zurückgeben, als auch Objekte anschließend zurückerwerben, um sie nun dauerhaft in den Sammlungen zu bewahren. Nicht selten schenkten die rechtmäßigen Eigentümer*innen in großzügiger Geste solche Kunstwerke nach Abschluss einer gütlichen Einigung den SKD. Die Erinnerung an die einst Verfolgten sind als Teil der Restitutionen zentral mitzudenken. Daher gehört zu den »gerechten und fairen Lösungen« vor allem die respektvolle Anerkennung von Unrecht und Leid, auch wenn diese durch Rückgaben nicht vollumfänglich wiedergutgemacht werden können.

Ein weiteres wichtiges Feld der Restitution sind Rückgaben von Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten an die Herkunftsgemeinschaften, dies betrifft insbesondere die Völkerkundemuseen der Staatlichen Ethnographischen Sammlungen (SES) in Dresden, Leipzig und Herrnhut. Die zuständige Stelle für Anfragen und Rückführungen ist hier die Abteilung Provenienzforschung und Restitution am GRASSI Museum für Völkerkunde zu Leipzig. Durch eine kooperative Provenienzforschung mit den entsprechenden Herkunftsgemeinschaften und internationalen Partner:innen werden koloniale Unrechtskontexte der Aneignung von Kulturgut aufgearbeitet und ein Prozess der Rückgabe umgesetzt, der in enger Abstimmung mit den Herkunftsgemeinschaften erfolgt.

Im Bereich der kolonialen Kontexte spielt vor allem auch die sogenannte Repatriierung eine wichtige Rolle. Repatriierung bezeichnet im musealen Kontext die Rückführung von ancestral remains („menschliche Überreste“ verstorbener Vorfahren), die sich beispielsweise in ethnologischen und anatomischen Sammlungen befinden, an ihre Nachfahren und Heimatländer. Die Staatlichen Ethnographischen Sammlungen Sachsen beherbergen eine Anthropologische Sammlung, aus der circa 2400 Nummern einem kolonialen Kontext zugeordnet werden können. Insbesondere Schädel, Skelette und Haarproben wurden zum Zwecke rassenkundlicher Forschung an Museen und Universitäten gesammelt. Zusätzlich befinden sich auch in den regulären ethnologischen Sammlungen ancestral remains bzw. verarbeitete oder modifizierte remains. Wir stehen in der Verantwortung, uns mit dieser Geschichte kritisch auseinanderzusetzen und die Rückführung dieser Vorfahren zu ermöglichen. Repatriierungen werden in enger Zusammenarbeit mit den Nachfahren und Herkunftsgemeinschaften, sowie dem jeweiligen Nationalstaat koordiniert und umgesetzt. Im Rahmen von sechs Repatriierungen zwischen 2017 und 2024 nach Hawai‘i, Australien, Aotearoa Neuseeland, Rēkohu Chatham Island und Palau konnten bisher 172 Verstorbene in ihre Heimatländer zurückgeführt werden.


Restitutionen werden im kleinen, vertrauten Kreis vollzogen oder als »Staatsereignis« mit erheblichem öffentlich-medialen Aufwand begangen. Auch in musealen Ausstellungen können sie präsentiert werden, oft begleitet von regem Interesse des Publikums. Die Fotostrecke zeigt beispielhaft Restitutionen der SKD – unabhängig von der Art der gefundenen Lösung – als Auseinandersetzung mit Geschichte und der Begegnung von Menschen.

Restituierte Objekte in unser Online Collection

Wir verwenden Cookies

Ihre Zustimmung können Sie jederzeit widerrufen.

Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden verwenden Cookies, um Ihnen ein optimales Webseiten-Erlebnis zu bieten. Dazu zählen vor allem Cookies, die für den Betrieb der Seite notwendig sind.

Klicken Sie auf „Alle akzeptieren“, um alle Cookies zu akzeptieren. Sie können Ihr Einverständnis jederzeit ändern und widerrufen. Dafür steht Ihnen am Ende der Seite die Schaltfläche "Cookie-Einstellungen" ändern zur Verfügung. Funktionale Cookies werden auch ohne Ihr Einverständnis weiterhin ausgeführt.

Möchten Sie die verwendeten Cookies anpassen, erreichen Sie die Einstellungen über die Schaltfläche "Auswählen".

Weitere Informationen finden Sie in unseren Datenschutzbestimmungen oder dem Impressum.

Zum Seitenanfang