#wemask
Auf Initiative des Kunstgewerbemuseums rufen die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) zu einer Bau- und Verteilaktion für Behelfsmundnasenschutzmasken auf.
Einleitung
„Als eine „rapid response“, eine unmittelbare Reaktion auf die COVID19-Pandemie, haben wir einen Trickfilm produziert, der auf die vielfältigen Masken verweist, die sich bereits in unseren Sammlungen befinden. Außerdem gibt er eine liebevoll gestaltete Anleitung zum eigenen Herstellen von Behelfsmasken“, so Marion Ackermann, Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Solange der Nachschub industriell oder im Ausland produzierter Masken nicht gesichert ist, helfen derzeit das Selbermachen oder die handwerkliche Herstellung in Kleinserien. Beispiele weltweit zeigen bereits, wie die lokale Produktion den Notstand lindern kann. Als Kultureinrichtung mit sozialer Verantwortung solidarisieren sich die SKD mit Hilfseinrichtungen wie Krankenhäusern und Versorgungszentren. Nachdem die SKD bereits professionelle Schutzausrüstung an das Klinikum Oberlausitzer Bergland mit den beiden Standorten Ebersbach-Neugersdorf und Zittau gespendet haben, ist dies ein weiterer Beitrag, der aus der Rolle von Museen zur aktuellen Situation geleistet werden kann.
Make a mask! – Der als Rapid-Response-Aktion entstandene Film des in Berlin lebenden polnischen Designduos chmara.rosinke (Maciej Chmara, Ania Rosinke) soll eine Anleitung zur Produktion von Behelfsschutzmasken bieten und sich „viral“ verbreiten. „In dieser Notsituation sind Kreativität, Selbstorganisation und Nachbarschaftshilfe erforderlich. Wir haben ein Designteam eingeladen, diese Herausforderung als Gestaltungsaufgabe zu betrachten“, sagt Thomas Geisler, Direktor des Kunstgewerbemuseums. „Aus der Perspektive eines Museums für Gestaltungsfragen interessiert uns, wie schnell sich dieses globale Ereignis in der Alltagskultur niederschlägt und welche Relevanz es für unsere Arbeit hat, quasi ein Reality-Check für unsere Sammlungen.“ Alle so inspirierten Macherinnen und Macher sind eingeladen, ihre Maskenmodelle unter dem Hashtag #wemask in den sozialen Netzwerken zu zeigen.
Video
Donate a mask
Donate a mask! – Über die Herstellung von Masken für den eigenen Gebrauch hinaus soll die Aktion dazu animieren, auch für Freund*innen und Nachbar*innen zu produzieren. Masken können zudem an die Hilfsorganisation KARUNA (Paul-Lincke-Ufer 21, 10999 Berlin) geschickt werden, die dafür Sorge tragen wird, dass die Masken an Obdachlose und Straßenkinder verteilt und laufend wiederaufbereitet werden.
Hintergrundtext
Als Schutzmaßnahme gegen die Verbreitung des Corona-Virus ist die Maske zur Metapher für „Social Distancing“ – einem Miteinanderleben auf Abstand – geworden. Zugleich ist sie materielles Zeugnis für Hoffnung und Ängste in der heutigen Zeit. Der Wettbewerb um in Massen gefertigte Masken – zumeist aus China – zeigt die industrielle Abhängigkeit des Globalen Nordens, aber auch den Verlust der eigenen Produktion. Initiativen und Aufrufe zum Selbermachen im Stil einer Maker-Bewegung zeigen rund um den Globus bisher unerschlossene Kapazitäten an Kreativität und Produktivität: Die Industrie stellt Produktionen um, das Handwerk oder Do-It-Yourself-Anleitungen schaffen Abhilfe und selbst Kreativschaffende aus Design, Mode und Kunst greifen das neue „Objekt der Begierde“ auf.
Neben dem gesundheitlichen Aspekt sind das Tragen von Masken und das Artefakt selbst ein kulturell und künstlerisch vielschichtiges Thema, das sich nicht zuletzt in den Sammlungsbeständen der SKD ablesen lässt. Während in Asien der Mund- und Gesichtsschutz als Hygieneartikel zum Alltag gehören und man sich an die Bilder oder Begegnungen in Großstädten und an Flughäfen gewohnt hat, tut man sich in Deutschland mit der Maskierung eher schwer. Aus medizinhygienischer Sicht gibt es zudem unterschiedliche Ansichten, selbst das die Bundesregierung beratende Robert-Koch-Institut gibt dazu mehrdeutige Empfehlungen ab. Spätestens jedoch mit der Maskenpflicht in der Stadt Jena ist das Objekt im Alltag unserer Nachbarschaft angekommen.
Dass das Maskieren bzw. Vermummen im öffentlichen Raum in vielen Ländern im Normalfall verboten ist, während in anderen das Verdecken des Gesichts zur Kultur gehört, ist Teil der Ambivalenz, in der alle heute zum Handeln aufgefordert sind. Die Maskerade während des Karnevals oder auf der Bühne hat hingegen in vielen Ländern eine lange Tradition. Interessanterweise zählt die langnasige Maske des „Medico Della Peste“, deren Ursprung auf das Schutzgewand der Pestdoktoren im 17. Jahrhundert zurück geht, zu den auffälligsten Charakteren der venezianischen Maskenkunst. Auch August der Starke war bekannt für seine barocke Festkultur und Maskeraden. Die „Sonnenmaske“ von 1709 mit seinen aus vergoldetem Blech getriebenen Gesichtszügen ist ein Prunkstück in der Sammlung der Rüstkammer. Nun bieten diese Beispiele keine Lösungen für die akute und in vielerlei Hinsicht bedrohliche Pandemie, aber sie verweisen auf die Bedeutung des Masken-Objekts und wie es sich auf die kulturelle Praxis niederschlug.
Slider Objekte
Johann Melchior Dinglinger, Sonnenmaske mit den Gesichtszügen Augusts II., 1709
Die aus Kupferblech getriebene und vergoldete Maske mit den Gesichtszügen Augusts des Starken nimmt durch einen doppelten Strahlenkranz die Gestalt der Sonne an. Kleine Nietlöcher am inneren Strahlenkranz weisen auf ein nicht erhaltenes Futter hin. Der Kurfürst von Sachsen und König von Polen trug diese Maske als Apoll am 22. Juni 1709 anlässlich des zu Ehren von König Frederik IV. von Dänemark gehaltenen Götteraufzugs zum Nachtringrennen im Reithaus in Dresden, bei dem sein Ehrengast als Kriegsgott Mars in Erscheinung trat. Mit diesem Motiv der Herrscherikonographie orientierte sich August der Starke vor allem an König Ludwig XIV. von Frankreich, der 1653 im „Ballet de la Nuit“ selbst als personifizierter Sonnengott zu bewundern war.
Eberhard Havekost, Glas, B07, 2007
Als sich das digitale Bild anschickte, die Welt zu erobern, arbeitete Eberhard Havekost (1967-2019) an der Schnittstelle zwischen der neuen Visualität und dem traditionellen Dispositiv der Malerei. „Glas, B07“ zeigt eine Gestalt mit einem Pilotenhelm wie ihn Kampfflieger tragen. Das Ganze wirkt seltsam flach, körperlos. Dazu die Verwischungen und Schlieren in weißer Farbe, die sich als Lichtreflexe deuten lassen. Doch wo bricht sich das Licht? Auf dem Helm? Auf einem imaginären „Glas“, das zwischen das Motiv und unsere Netzhaut „gemalt“ wurde? Haben wir die behelmte Gestalt im Bild wirklich vor uns oder nur deren Widerschein?
Wee Gesichtsmaske
Die für den Kunstmarkt gefertigte Maske aus der Sammlung des Museum für Völkerkunde Dresden nimmt Bezug auf die im Original getanzten Masken der Wee, die an der Elfenbeinküste und Liberia leben. Die Masken zeichnen sich vor allem durch einen geöffneten Mund, die röhrenförmigen Augen sowie einer dreieckigen Nase aus. Getanzt werden die Masken, zu denen normalerweise auch ein Ganzkörpergewand gehört, von Männern. Zum Einsatz kommen sie bei der Rechtssprechung innerhalb der Gemeinschaft, bei der Initiation oder zur Unterhaltung bei generellen Festlichkeiten.
Georg Fritzsche, dreiteilige Maske, Meissen, um 1726/27
Die dreiteilige Harlekins- oder Karnevalsmaske besteht aus den beiden Augenpartien sowie einer Nase. Nur die Konturen der Teile sind farbig gefasst. Die Maske weist mit rotem Augenrand, kräftigen schwarzen Augenbrauen, großer Hakennase und dicker Warze typisierende Attribute einer Personifikation auf, welche zur Kostümierung des Pulcinella in der Commedia dell’Arte passen. Pulcinella tritt dort als listiger, aber auch grober und zugleich einfältiger, gefräßiger Diener bäuerlicher Herkunft auf.
Jost Amman, Weibliche Personifikation mit Maske, um 1579
Im Wappen- und Stammbuch von 1579 führte Jost Amman neben verschiedenen Wappen der Städte und Familien die christlichen Tugenden und Laster, als auch andere Allegorien mit ihren typischen Attributen auf. Die hier gezeigte Detractio versinnbildlicht die Beeinträchtigung und Täuschung. Der Januskopf verweist auf die Dualität und auch Zwiespältigkeit einer Sache durch seine zwei Gesichter. Das feuerspeiende Gesicht ist hier abgewandt und kaum erkennbar, das schöne Gesicht ist dem Betrachter zugewandt. Doch auch dieses liegt im Schatten, denn die Maske verbirgt einen Teil und schafft eine Illusion.
Karl Schmidt-Rottluff, Frauenkopf mit Maske, 1912
Monumental sind ein geneigter Frauenkopf und eine vorgehaltene Maske ins Bildgeviert gerückt. Karl Schmidt-Rottluff, der 1905 in Dresden die Künstlergruppe „Die Brücke“ mitgegründet hatte, fertigte 1911/12 aus Holz und Messingblech selbst einige Maskenreliefs und Köpfe an. Es ist denkbar, dass auch die hier dargestellte Maske auf ein nicht erhaltenes, von Schmidt-Rottluff gefertigtes Vorbild zurückgeht. Der Künstler hatte mit Begeisterung die Bestände des Dresdner und des Berliner Völkerkundemuseums studiert. Wesentliche Quelle für die Experimente des so genannten Kubismus, die Schmidt-Rottluff zu dieser Zeit beschäftigten, war die afrikanische Kunst.
Maske der Schmiede, 1920-1930
Die Maske gehörte dem Schmiede-Klan der Bwaba in Doumara nahe Nouna und durfte nur von einem Initiierten dieses Klans getragen werden. Diese Maske ist mit dem Gott WURO verbunden, der bei den Bwaba als Schöpfergott gilt. Die auffällige „Frisur“ versinnbildlicht seine Kraft und Autorität. Die Maske kam bei Initiationen und Bestattungen zum Einsatz, weihte die Einrichtung oder Erneuerung einer neuen Schmiedewerkstatt oder gab Unterstützung bei der Krankenheilung. Vor allem Frauen mit Kinderwunsch wurden von der Maske besucht.
Johann Joachim Kaendler, Avvocato, Meissen, um 1748
Der Avvocato gehört zu den klassischen Figuren der italienischen Stegreifkomödie, in der er auch als Dottore auftritt. Als Rechtsgelehrter hat er alles studiert, aber nichts verstanden. Seine blasierte und pedantische Rechthaberei geht allen auf die Nerven und spottet damit dem elitären Anspruch der Wissenschaftler. Charakteristisch sind die aus Stirn und Nase bestehende Maske sowie der weiße mit rosa Schleifen besetzte Domino und schwarze Dreispitz, unter dem der gepuderte Haarbeutel hervorschaut.
Hannu Karjalainen, Man in A Blue Shirt, 2006
Der titelgebende Mann in blauem Hemd ist in der fünfminütigen Filmaufnahme kaum zu sehen. Sein Gesicht verschwindet hinter einer sich immer dicker über das Haupt ergießenden Farbmasse, unter der ein Atmen kaum möglich scheint. Es ist eine Maskierung bis zur Unkenntlichkeit. Der Film ist Teil einer Werkegruppe, in der sich der Künstler auf die Suche nach Formen des menschlichen Porträts macht, die sich von der Wiedergabe der visuellen Erscheinung der Porträtierten entfernen.
Helga Paris (1938), Kinder mit Masken, Deutschland, 1968
Zwei Kinder mit Tiermasken aus Plastik, die dabei sehr menschliche Gesichtszüge aufweisen, stehen vor einem kargen Gebüsch. Eine skurrile Situation, die Fragen stellt. Wird hier ein harmloses und alltägliches Kinderspiel zur surrealen Albtraumwelt? Sollen die Kinder als Verkörperung des 'unschuldig Guten' und die melancholische Stimmung, ein kommendes Unheil verkünden? Es scheint nicht auserzählt.
Helga Paris ist auch für ihre authentischen Aufnahmen des DDR-Alltags bekannt, in denen sie als Autodidaktin über vier Jahrzehnte Momente mit Menschen bei der Arbeit oder Straßenszenen dokumentierte.
Nachbildung einer Theatermaske (Satyr), 1. Jh. n. Chr.
Die fast perfekt erhaltene Dresdner Maske gehört zu den qualitativ besten Produktionen dieses Genres. Mit marmornen Masken, die mitunter kolossales Format aufweisen, hat man in der Römischen Kaiserzeit Theatergebäude sowie Villen geschmückt. Die Dresdner Maske zeigte den Tierohren und Bockshörnern zufolge einen Satyr, eine der wichtigsten Figuren des griechischen Theaters, die sich folgerichtig auch in der griechischen Kunst sowie später in der Kunst der Römischen Kaiserzeit größter Beliebtheit erfreut hat. Laut den Angaben des ehemaligen Besitzers stammt die Maske aus Pompeji, was sich gut mit der vorzüglichen Erhaltung vereinbaren lässt. Die Maske wird zur kostbaren Ausstattung eines Anwesens in Pompeji gehört haben und beim Ausbruch des Vesuvs im Jahr 79 von der Asche bedeckt worden sein.
Bärtige Komödienmaske, 40-70 n. Chr.
Wohl in unmittelbarer Nähe der Satyr-Maske ist in Pompeji die marmorne Nachbildung einer Maske gefunden worden, die einen Alten, eine Figur der Neuen Komödie, zeigt. Auch diese gleichfalls vorzüglich erhaltene Maske befindet sich heute in der Dresdner Skulpturensammlung.
No-Maske (sog. Hyperrealistischer Typ)
No, eine traditionelle Form des japanischen Theaters mit musikalischer Begleitung wurde im 14. Jahrhundert entwickelt und durfte ursprünglich nur von Männern gespielt – vor allem getanzt - werden. Seit dem beginnenden 20. Jahrhundert erlangen aber auch Frauen den Status eines professionellen No-Spielers.
Meist trägt der Hauptdarsteller (Shite) eine Maske. Bis zu 250 Maskentypen haben sich entwickelt, verschiedene Frauen-, Männer-, Dämonen-, Ungeheuer- und Göttermasken, mal jung oder alt, boshaft oder komisch, lächelnd, alt, ruhig, gehässig. Komplettiert wird der Auftritt der Darsteller durch prächtige Kostüme. Das Repertoire des Theaters reicht von der chinesischen und japanischen Mythologie bis zu Themen der Gegenwart.
Bruce Nauman, Untitled (New Museum Image), 1992
Körperabdruck, Bemalung und Maskierung sind für das gesamte Werk Bruce Naumans wichtig. Das Zusammenspiel von Sichtbarkeit und Verbergen, von Zurschaustellung und Rückzug ist ein Thema, das er mit dem Künstler*innendasein verbindet: „Man verbringt seine ganze Zeit im Atelier, und wenn dann die Arbeit gezeigt wird, geschieht eine Art Selbstentblößung, die beängstigend ist.“ Die Fotografie einer Collage aus Polaroids von Gesichtsabdrücken, durch die sich hartnäckig der Körper seinen Weg bahnt, entstand zur Unterstützung des New Museum of Contemporary Art in New York.
Maske "Wolfskopf", Ende 19. Jahrhundert
Im Winter veranstalteten Kulturen der Nordwestküste Zeremonien, bei denen vor allem die Schöpfungsgeschichte dargestellt wurde. Masken wie Wolf und Rabe repräsentierten hierbei Vorfahren der Clans. Der Wolf trat bei den Tänzen oft als ritueller Gegenspieler des göttlichen Raben auf. Maul und Augen des Wolfs sind beweglich und können mittels einer Zugschnur bedient werden. Die Kupferplatten ("Augen") haben beim Tanz im Feuerschein geleuchtet und so einen besonderen Effekt auf die Zuschauer gehabt.
Plastik: Harlekin als Bockspfeifer
Der Harlekin trägt unter dem rechten Arm einen Blasebalg und unter dem linken eine Ziegenbockshaut mit Kopf, dem er mit beiden Händen eine Klarinette ans Maul hält, um durch Drücken auf den Balg Luft hineinzublasen. Hinter dem Ziegenkopf ist eine Öffnung angebracht, an der eine Oboe hängt. Der Komödiant hat sein Gesicht hinter einer roten Maske verborgen. Der groteske Aufzug des Harlekins reflektiert die häufig derbe und burleske Komik der zeitgenössischen italienischen Theateraufführungen.
Gesichtsmaske, vor 1900
Diese im 19. Jahrhundert fast vollständig aus Schildpatt gefertigte Gesichtsmaske stammt von der Insel Mabuiag (Jervis Island) in der Torres Strait. Sie ist Teil einer sehr alten Sammlung von Objekten dieser Region, die Australien und Neuguinea kulturell miteinander verbindet. Die Maske verkörpert ein mythisches Klanwesen und war Teil eines Kostüms aus Blättern und Pflanzenfasern, das den Träger fast vollständig verhüllte. Diese Maske trat bei Initiationen, Trauerzeremonien und Erntefeiern auf.