Joachim Menzhausen zum Gedenken
22. Januar 2019Joachim Menzhausen
14.6. 1930 – 18.1. 2019
Am 18. Januar 2019 ist Dr. Joachim Menzhausen, langjähriger Direktor des Grünen Gewölbes, in hohem Alter gestorben. Sein Weg zu einem der bedeutendsten Kunsthistoriker, der sein Forscherleben mit ebenso leidenschaftlicher wie tiefer Kennerschaft der sächsischen Kultur-und Kunstgeschichte, insbesondere aber der Zeit des Augusteischen Barock gewidmet hat, nahm seinen Anfang in Leipzig. Während schwerer Kriegsjahre absolvierte er zwischen 1936 und 1945 seine schulische Ausbildung und legte schließlich 1950 das Abitur ab. Es folgte bis 1954 das Studium der Kunstgeschichte und Archäologie an der damaligen Karl-Marx-Universität Leipzig, wo er 1963 promovierte. Dazwischen lagen intensive Jahre der Museumsarbeit, zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Gemäldegalerie Alte Meister (1957/58), danach am Grünen Gewölbe (1959/60), bevor er 1961 das Direktorat der weltberühmten Sammlung übernahm, das er bis zu seinem vorzeitigen Ruhestand im Jahr 1992 inne hatte.
Als die vier Ausstellungsräume des Grünen Gewölbes im Albertinum im Jahr 1974 eröffnet wurden, war es dem Museumsdirektor gelungen, das Bild eines fürstlichen Pretiosenkabinetts des Barock modern und zeitgemäß zu interpretieren. Er war zu Gast als diese Ausstellung zu Beginn des Jahres 2004 geschlossen und die Kunstwerke in das Residenzschloss überführt wurden, um das Grüne Gewölbe wieder an seinem angestammten Ort zu präsentieren. Dies war auch seine Vision, die durch die nachfolgende Generation schließlich mit Leben erfüllt und umgesetzt werden konnte.
Joachim Menzhausen hat die Geschichte des Grünen Gewölbes in der Nachkriegszeit tief und nachhaltig geprägt. Er war dabei, als die Waggons mit Kunstschätzen des Grünen Gewölbes 1958 aus Moskau in Dresden eintrafen. Er hat dem Dresdner Maler Ernst Hassebrauk über die Schulter geschaut, als dieser eine Vielzahl der zurückgekehrten Kunstwerke in Zeichnungen festhielt, unmittelbar nachdem sie den Transportkisten entnommen worden waren.
Menzhausen war ein Zeitzeuge im besten Wortsinn und hat oft aus seinen Erinnerungen erzählt. Und er tat dies besonders gern. In seiner Person vereinten sich umfangreiches kulturhistorisches Wissen mit der kenntnisreichen, erfahrenen Urteilskraft des gelehrten Kunsthistorikers, der ein passionierter „Museumsmann“ wie „Ausstellungsmacher“ und ein brillanter Publizist gewesen ist. Immer wieder hat er über die Jahrzehnte hinweg in den traditionsreichen „Dresdener Kunstblättern“ kleinere Beiträge veröffentlicht, so etwa zu Werk und Wirkung von Johann Melchior Dinglinger, Johann Heinrich Köhler und Balthasar Permoser. Dem „Thron des Großmoguls“, entstanden zwischen 1701 und 1708, widmete er 1965 eine eindrucksvolle Publikation, gefolgt von seinem bedeutenden Werk „Das Grüne Gewölbe“ (1968). Darin scheint bereits die große Affinität von Joachim Menzhausen zur Sammlungsgeschichte auf, die schließlich in seinem bahnbrechenden Buch „Dresdner Kunstkammer und Grünes Gewölbe“ von 1977 kulminierte. Damit schuf er die Grundlage für einen der wesentlichsten Forschungsschwerpunkte im Grünen Gewölbe, der seit 1993 kontinuierlich weiterverfolgt wird, bis heute Bestand hat und in die Zukunft wirkt.
Unteilbar sind die Verdienste, die sich Joachim Menzhausen als Kurator von großen Sonderausstellungen der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden erworben hat. Zu erinnern sind exemplarisch „The Splendor of Dresden“ in Washington, New York und San Francisco (1978/79) und „Königliches Dresden“ in der Kunsthalle der Hypo-Stiftung München (1990).
Joachim Menzhausens Engagement für die Dresdner Museumslandschaft wie auch für verschiedenen Belange der sächsischen Denkmalpflege blieben in den 90er-Jahren lebendig. 1990 gehörte er zu jenen Persönlichkeiten, die den „Ruf aus Dresden“ unterzeichneten, mit dem der Wiederaufbau der Frauenkirche ihren Anfang nahm. 1999 erschien sein imposantes Werk „Kulturlandschaft Sachsen: ein Jahrtausend Geschichte und Kunst“, in dem er seinen Wissensschatz zu einer eindrucksvollen kunsthistorischen Überschau gebündelt hat. Noch 2014 hielt er einen faszinierenden Vortrag zum Thema „Französische und italienische Architekten am Dresdner Hof“ im Landesamt für Denkmalpflege.
Seine Wissbegier, seine Freude an dem Aufspüren neuer, zukunftsweisender Fragen an die Kunst des Augusteischen Barock, die er wie kein Zweiter in ihrer Komplexität und Differenziertheit gekannt hat, blieben bis ins hohe Alter ungebrochen.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Grünen Gewölbes und der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden werden Herrn Dr. Joachim Menzhausen ein ehrenvolles Gedenken bewahren.
Prof. Dr. Dirk Syndram // Direktor des Grünen Gewölbes und der Rüstkammer
Dr. Jutta Kappel // Oberkonservatorin und stellv. Direktorin des Grünen Gewölbes