Einladung zur Eröffnung | Zeitkapsel. Musealer Raum als Bild

29. April 2019

Zeitkapsel 1

Rund vierzig Jahre lebte und arbeitete der Maler, Zeichner und Grafiker Josef Hegenbarth (1884–1962) in der Calberlastraße 2 in Dresden-Loschwitz. Die Umwandlung seines Hauses in ein Museum und Archiv nach seinem Tod hat die Bedeutung der Räume und der darin aufbewahrten Dinge verändert. Diese Musealisierung markiert zugleich einen Zeitschnitt: Ein Ist-Zustand wird konserviert. Das Künstlerhaus wird zur Zeitkapsel. Die Möbelstücke und Zeichenstifte sind fortan nicht mehr Gegenstände des Gebrauchs, sondern Ausstellungsstücke.

  • Laufzeit 05.05.2019—01.09.2019

Zeitkapsel 2

Die Wirkungsstätte Hegenbarths wird für die Dauer der Ausstellung zum begehbaren Exponat und soll als eine Zeitkapsel befragt werden, die mit ihrer Öffnung scheinbar Auskunft über eine vergangene Zeit geben kann. Dokumentarische Fotografien zeigen jedoch, dass das Haus im Laufe der Zeit immer wieder verändert wurde und der heutige Zustand also auch eine museale Konstruktion ist.

Mit den Bedingungen dieser Konstruktion beschäftigen sich Anja Bohnhof (*1974), Karen Weinert (*1976), Werner Lieberknecht (*1961), Eduard Klein (1976) und Lage Opedal (*1976), deren Werke das Haus in seiner jetzigen Form erschließen. Sie befassen sich in Fotografien und Malerei mit Aspekten wie der Inszenierung, der besonderen Aura eines Gedächtnisortes oder der Betrachtung von Museumsdingen. Erstmals werden zwei eigens zum Josef-Hegenbarth-Archiv entstandene fotografische Werkgruppen von Ricarda Roggan (*1972) präsentiert, die ausgehend von einem Sessel und historischen Fotografien Spuren von An- und Abwesenheit nachgeht. Die Sonderausstellung zeigt insgesamt 16 Arbeiten zeitgenössischer Künstler*innen sowie 15 Zeichnungen und zahlreiche Skizzenordner Hegenbarths.

Josef Hegenbarth hatte das Haus im Jahr 1921 erworben. Seine Witwe Johanna Hegenbarth führte es bereits unter der Bezeichnung „Josef-Hegenbarth-Archiv“. Sie vermachte das Gebäude samt dem darin enthaltenen künstlerischen Nachlass mit rund 13.700 Werken sowie Bibliothek und Korrespondenz dem Dresdner Kupferstich-Kabinett. 1998 wurde das Haus nach einer Sanierung als Museum und kleine Forschungseinrichtung zu Leben und Werk des für die Dresdner Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts zentralen Protagonisten eröffnet.

Während im 1. Stock eine Ausstellungfläche entstanden war, hatte man Wohnung und Atelier im 2. Stock rekonstruiert. Fotografien boten dabei Orientierung. Im Ergebnis ist die Künstlerwohnung selbst wie ein dreidimensionales Bild zu lesen: Sie zeigt eine stillgestellte zeit-räumliche Situation. Möbel, Kunstwerke, Bücher und Malutensilien stehen darin stellvertretend für das Leben, das Hegenbarth hier einst mit seiner Frau Johanna führte. Die Dinge, mit denen sie sich ehemals umgaben, erzeugen den Eindruck von Anwesenheit: Eben erst scheint der Maler den Pinsel niedergelegt und den Raum verlassen zu haben.

Das Versetzen einer kleinen Möbelgruppe aus dem Wohnzimmer der Hegenbarths in den Ausstellungsraum will dieses Wahrnehmungsmuster aufbrechen, indem über die andere Umgebung deutlich wird, dass sich die ursprüngliche Funktion der Dinge verändert hat.

Beispielhaft für diesen Prozess der Bedeutungsverschiebung stehen über 50 Ordner und Hefte mit Skizzen, die Josef Hegenbarth als Vorlagensammlung dienten. Für die Ausarbeitung größerer Zeichnungen und Gemälde konnte er auf dieses thematisch geordnete Material zurückgreifen. Das private, stets erweiterte Arbeitsarchiv wurde mit seiner Übernahme ins Museum stillgelegt und sein Zustand somit konserviert. Als „Archiv im Archiv“ gibt es heute Einblick in den künstlerischen Kosmos des virtuosen Zeichners.

So wie dieses Material jetzt erschlossen wird, will die Ausstellung die Zeitkapsel Josef-Hegenbarth-Archiv öffnen und den Ort unter neuem Blickwinkel erfahrbar machen. Während der Laufzeit können auch das Atelier und die Wohnräume jeden Sonntag von 15 bis 18 Uhr besichtigt werden. Ein Gespräch mit Karen Weinert und Ricarda Roggan am 21. August 2019 um 19 Uhr bietet Gelegenheit, zu erfahren, was Künstlerinnen heute am Haus interessiert.

Die SKD kommunizieren über #josefhegenbartharchiv #kupferstichkabinettdresden und #skdmuseum auf Social Media.

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