Ostdeutsche Malerei 3
In der unmittelbaren Nachkriegszeit gingen Werke in den Bestand der Dresdner Gemäldegalerie und der Skulpturensammlung ein, die allegorisierend die Folgen des Krieges thematisierten. Auf der Suche nach einer zeitgemäßen Kunst griffen die Künstler*innen auf Ausdrucksformen der klassischen Moderne zurück oder führten diese fort. Nach der Gründung der DDR wurden diese Stilmittel bald als „formalistisch“ abgelehnt, es folgte die Verpflichtung auf den Sozialistischen Realismus. Die Bilder und Skulpturen, die in den 1960er-Jahren Einzug in die Sammlungen hielten, wurden zum Teil unter dem Zeichen des „Bitterfelder Weges“ geschaffen, der 1959 ausgerufen wurde, um Arbeiter*innen an die Kunst heranzuführen und die Trennung zwischen Kunst und Leben aufzuheben. Programmatische Bilder gelangten in das Albertinum, als beschlossen worden war, in der Gemäldegalerie Neue Meister die Abteilung „Sozialistische Gegenwartskunst“ einzurichten – die hier gesammelten Werke sollten die Idee des Sozialistischen Realismus veranschaulichen, die ideale Gesellschaft im marxistisch-leninistischen Sinne zu gestalten.
Ab den 1970er-Jahren zeigte sich in den Erwerbungen eine zunehmend größere Bandbreite an Bildmotiven und Malstilen. Landschaften und Porträts bildeten einen Schwerpunkt und auch private Alltagsszenerien kamen hinzu. Für die Skulpturensammlung brachte die im Albertinum veranstaltete Ausstellung „Junge Bildhauerkunst der DDR“ 1979 viele Neuzugänge figürlicher Plastik und Skulptur. Die Ankäufe im Verlauf der 1980er-Jahre verdeutlichen schließlich die Vielfalt von Stilen und Positionen einer jungen Künstlergeneration, die sich auf einer breiten Palette von Abstraktion bis zu einer farbintensiven, neoexpressionistischen Malerei bewegten.
Die nun gewählte Präsentationsform, welche die Werke chronologisch nach Ankaufsjahren ordnet, spiegelt so nicht nur die wechselhafte Ankaufspolitik zu DDR-Zeiten, sondern lädt auch dazu ein, die kanonbildende Macht des Museums zu hinterfragen – nicht nur zu DDR-Zeiten, sondern von den Anfängen des Museums bis heute. Kanon als Ergebnis immer auch subjektiver Kaufentscheidungen ist als zeitgebunden und damit temporär zu verstehen. So stehen am Ende der Präsentation einige Erwerbungswünsche, denn es gilt auch weiterhin, Lücken im Bestand der Kunst in der DDR zu schließen.
Anlässlich der Bestandspräsentation bietet das Museum ein breitgefächertes Begleitprogramm, das die Debatten der letzten Monate aufgreift. Drei Formate – eine wissenschaftliche Vortragsreihe, eine Gesprächsreihe und Künstlergespräche – beleuchten dabei verschiedene Aspekte der Kunst in der DDR und die Auseinandersetzung mit ihr. Sie thematisieren unter anderem die Ursachen für die heftig ausgetragene Debatte, in der es um die Präsenz dieser Kunst in deutschen Museen, aber auch um Kunstbegriffe ging, und anhand derer sich auch tiefer liegende Probleme des deutsch-deutschen Miteinanders eruptiv Ausdruck verschafften.
Auf das Auftaktgespräch zwischen Boris Buden und Thomas Oberender folgt ein Vortrag des renommierten Philosophen und Kunsttheoretikers Boris Groys:
15.6.2018, 18.30 Uhr
Boris Groys: Medium versus Botschaft. Der Kalte Krieg in der Kunst
In seinem Buch „Gesamtkunstwerk Stalin. Die gespaltene Kultur in der Sowjetunion“ formuliert Boris Groys die These, dass der russische Sozialistische Realismus die Vollendung der Ideen der Avantgarde ist. Ausgehend von diesem Ansatz wird Boris Groys über das Verhältnis des westlichen Modernismus und seinen östlichen Varianten sowie über das Verhältnis zwischen abstrakter Kunst und Sozrealismus sprechen. Boris Groys (*1947 in Berlin) ist Philosoph, Kunstkritiker und Medientheoretiker. Er lehrt Philosophie, Medientheorie und Kunstwissenschaft an der New York University.
Einlass: Albertinum, Georg-Treu-Platz, 01067 Dresden
Der Eintritt ist frei.
Die weiteren Vorträge und Gespräche können unter https://albertinum.skd.museum/wirmuessenreden eingesehen werden.
Die SKD kommunizieren über #focusalbertinum, #kunstinderddr, #albertinum und #skdmuseum auf Social Media.