Einladung zum Pressegespräch | Im Reich der Möglichkeiten. Italienische Zeichnungen des 16. Jahrhunderts

19. Oktober 2018

Im Reich der 1

Seit jeher wird gezeichnet, um Ideen Form zu geben, um Hand und Auge zu üben und um Bilderfindungen zu bewahren. Südlich der Alpen erreicht diese Kunst im 16. Jahrhundert einen Höhepunkt. Anhand einer Auswahl aus den eigenen Beständen bietet das Kupferstich-Kabinett der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) Gelegenheit, die Vielfalt italienischer Meisterzeichnungen der Hoch- und Spätrenaissance zu entdecken.

  • Laufzeit 26.10.2018—20.01.2019

Im Reich der 2

Die Sonderausstellung „Im Reich der Möglichkeiten. Italienische Zeichnungen des 16. Jahrhunderts“ umfasst neben Entwürfen für Gemälde auch Schöpfungen, die womöglich mehr dem künstlerischen Gestaltungswillen als konkreten Verwendungszwecken zu verdanken sind. Flüchtige Skizzen finden sich neben minutiös ausgeführten Kompositionen. Gemeinsam geben sie einen lebhaften Eindruck von den künstlerischen Freiheiten, die das Medium eröffnet – ein wahres „Reich der Möglichkeiten“.

Da Altmeisterzeichnungen nur selten signiert wurden, ist ihre Zuschreibung eine Frage, die sich der Wissenschaft immer wieder stellt. Der Vergleich von Stil, Technik und Sujet erlaubt es jedoch, der kunsthistorischen Einordnung näherzukommen. Im Kupferstich-Kabinett ist diese Arbeit in vollem Gange: Den Anlass zur Ausstellung bietet das laufende Katalogisierungsprojekt zu den Zeichnungen des italienischen „Cinquecento“. Entsprechend wird neben bekannten, obschon wegen ihrer Fragilität selten gezeigten Werken, auch manche Neuentdeckung aus diesem reichen Fundus zu sehen sein.

Zu den bisherigen Entdeckungen zählt etwa ein Band mit Kostümentwürfen, der bis vor kurzem als anonyme Arbeit galt. Er konnte nun der Werkstatt des kaiserlichen Antiquars Jacopo Strada (1515–1588) zugeordnet werden. Spätestens 1573 hatte Kurfürst August (reg. 1553–1586) einen Band mit Kaiserbüsten von Strada erhalten. Damit gelangten erstmals nachweislich Zeichnungen der italienischen Schule an den sächsischen Hof – gewissermaßen als Gegenwartskunst. Um die lange Tradition des 1720 im deutschsprachigen Raum als erste Spezialsammlung für Kunst auf Papier gegründeten Kupferstich-Kabinetts, dessen Wurzeln in der sächsischen Kunstkammer liegen, sichtbar zu machen, bietet die Ausstellung auch Einblicke in die Entstehung und das Profil der Sammlung.

Im Reich der 3

Neben den Neuentdeckungen bekommt das Publikum gleichermaßen die Gelegenheit, alte Bekannte wiederzusehen. Raffaels filigraner Putto mit Köcher – ein Entwurf für die römische Villa Farnesina – schwebt seit ziemlich genau 500 Jahren leichtfüßig über den Papiergrund. Correggios Studie für die Madonna mit dem heiligen Georg in der Dresdner Gemäldegalerie Alte Meister hingegen zeigt den Maler bei der Ausbalancierung der bildinternen Lichteffekte. Anguissola, Barocci, Bronzino, Carracci, Pontormo und Tintoretto ergänzen die Reihe großer Namen.

Pinselzeichnung mit vielen Figuren, in der Mitte die Madonna
© SKD, Foto: Herbert Boswank
Correggio, Die Madonna des heiligen Georg (Pala di San Giorgio), vor 1530 Pinsel und Feder in Braun, weiß gehöht, 238 x 188 mm

Im Reich der 4

Die Präsentation, die vom 26. Oktober 2018 bis 20. Januar 2019 zu sehen ist, lenkt den Blick jedoch weniger auf isolierte Meisterwerke, sondern beleuchtet schlaglichtartig in lockerer Folge wichtige Funktionen und Themen der italienischen Zeichenkunst des 16. Jahrhunderts: etwa die Auseinandersetzung mit dem menschlichen Körper, die komponierende Entwurfspraxis oder auch die bildmäßigen Zeichnungen, die in ihrer optischen Fülle wie formvollendete Gemälde anmuten.

Die Dresdner italienischen Zeichnungen des 16. Jahrhunderts stehen im Zentrum eines von der Getty Foundation im Rahmen der Initiative „The Paper Project: Prints and Drawings Curatorship in the 21st Century“ geförderten Programms (Medieninformation vom 29. Mai 2018). Diese zu Jahresbeginn ins Leben gerufene Initiative versteht sich als Nachwuchsförderung von Kurator*innen, die sich auf die grafischen Künste, also Arbeiten auf Papier, spezialisieren. Ende November 2018 werden die zwölf internationalen Teilnehmer*innen in der Ausstellung und im Studiensaal zusammenkommen, um anhand des Dresdner Bestands konkrete Fragen zu ausgewählten Blättern sowie die heutigen Herausforderungen bei der Erforschung und Vermittlung von Altmeisterzeichnungen zu diskutieren.

Die großzügige Unterstützung der Wolfgang Ratjen Stiftung ermöglicht es darüber hinaus, eine Reihe erfahrener Kolleg*innen mit einem Arbeitsschwerpunkt im Bereich der italienischen Renaissance zu diesem Treffen einzuladen. Nicht zuletzt wird die Einordnung und Würdigung der betreffenden Blätter in Dresden entschieden von den Impulsen aus diesem Gespräch profitieren. Um den Bestand einem breiten Publikum wie auch in Fachkreisen bekannter zu machen, erscheint anlässlich der Ausstellung zudem ein Leporello mit einem Überblick zur Sammlungs- und Forschungsgeschichte der italienischen Zeichnungen des 16. Jahrhunderts in Dresden. Die kleine Publikation, die die Wolfgang Ratjen Stiftung ermöglicht hat, ist kostenfrei in der Ausstellung erhältlich.

Von den präsentierten Meisterwerken angeregt können Besucher*innen innerhalb der Ausstellungsräume selbst zeichnerisch kreativ werden. Ergänzend bietet die Workshop-Reihe „Vom Beobachter zum Akteur“ Gelegenheit, die Möglichkeiten der Zeichenkunst praktisch zu erleben. Das umfangreiche Begleitprogramm umfasst darüber hinaus geführte Rundgänge, Kunstbetrachtungen sowie zwei wissenschaftliche Abendvorträge.

Die SKD kommunizieren über #imreichdermöglichkeiten, #kupferstichkabinettdresden und #skdmuseum auf Social Media.

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