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Fred Stein in Paris
In Paris macht sich der studierte Jurist Fred Stein mit seiner handlichen Leica-Kamera, einem Hochzeitsgeschenk, als Fotograf selbständig. Das moderne Großstadtleben wird zu seinem Hauptthema, dem er sich sowohl im Auftrag verschiedener Zeitschriften als auch aus eigener Initiative widmet. Dabei verfolgt er im Wesentlichen zwei Strategien, die sich immer wieder auch überschneiden. Im Geiste der aufkommenden Straßenfotografie gilt sein Interesse insbesondere Situationen des urbanen Alltags, die er teils mit reportagehafter Dynamik, teils mit innehaltender Konzentration festhält. Zugleich strebt er im Sinne des sogenannten „Neuen Sehens“ nach ungewöhnlichen Blickwinkeln, aus denen sich geometrisch und grafisch interessante Kompositionen ergeben. So stehen anonyme Arbeiterporträts neben kuriosen Straßenszenen und bisweilen fast abstrakt anmutenden Bildmustern. In Steins betont moderner Bildsprache zeigt sich der Wunsch nach gesellschaftlicher Veränderung nicht weniger als in seiner Hinwendung zur Arbeiterklasse.
Fred Stein in New York
Wie zuvor in Paris versucht Fred Stein ab 1941 auch in New York politisch-soziale Fragen und künstlerisch-formale Ambitionen in seiner fotografischen Praxis miteinander zu verbinden. Mit seiner Agenda steht er der dortigen Photo League nahe, der er zeitweilig sogar als Mitglied angehört. Diese von 1936 bis 1951 bestehende Fotografen-Vereinigung hatte es sich auf die Fahnen geschrieben, die konkreten Lebensumstände der Menschen in ebenso wohlkomponierten wie bewegenden Bildern zu reflektieren und mittels Ausstellungen und Publikationen in die Öffentlichkeit zu tragen. In diesem Sinne richtet sich Steins wacher fotografischer Blick auf die soziale, kulturelle und ethnische Vielfalt der Weltmetropole New York. Neben intimen Szenen des großstädtischen Lebens und Massenveranstaltungen wie militärischen Paraden und politischen Demonstrationen lässt Stein sich aber auch von der Architektur Manhattans und der amerikanischen Konsumkultur faszinieren. In eindringlichen Verdichtungen und spannungsvollen Konstellationen ist ihm so ein komplexes Porträt seiner neuen Heimat gelungen.
Nach der großen Ausstellung „Wols – Photograph. Der gerettete Blick“ (2013) würdigt das Kupferstich-Kabinett nun in kleinerem Format einen weiteren Fotografen aus Dresden, der ein Werk von internationaler Bedeutung geschaffen hat. In seiner Geburtsstadt über Jahrzehnte nahezu vergessen soll Fred Stein damit wieder ins Bewusstsein der Dresdner Foto- und Kunstgeschichte gerückt werden. Neben der kleinen Präsentation des Kupferstich-Kabinetts im Studiolo des Residenzschlosses, in der ausschließlich Originalabzüge – sogenannte Vintage Prints – zu sehen sein werden, widmet das Stadtmuseum Dresden Fred Stein ab dem 28. April die umfassende biografische Retrospektive „Fred Stein. Dresden – Paris – New York“, in der vor allem Modern Prints gezeigt werden.
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