Einladung zur feierlichen Übergabe eines Kriegsverlustes an die Gemäldegalerie Alte Meister
13. Oktober 2023MI
Drei Kriegsverluste kehren nach fast 80 Jahren in die Gemäldegalerie Alte Meister der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) zurück. Am 23. Oktober 2023 übergibt der niederländische Kunsthändler Willem Jan Hoogsteder die seit Ende des Zweiten Weltkrieges vermisste „Campagna-Landschaft“ des Malers Jan Baptist Weenix dem Museumsverbund bei einem feierlichen Festakt. Unter dem Titel „Willkommen zu Hause“ wird das Landschaftsgemälde vom 24. Oktober 2023 bis 1. September 2024 gemeinsam mit zwei weiteren Rückkehrern im Raum 123 des Semperbaus am Zwinger präsentiert.
Das Gemälde von Jan Baptist Weenix (1621−1660) repräsentiert eine kleine Werkgruppe innerhalb seines vielfältigen Oeuvres, in der der Künstler die heimische Natur der Dünenlandschaften mit niedrigem Horizont mit dem ihm wohlbekannten weichen Licht und der Atmosphäre Italiens verbindet. Das Bild wurde 1742 von Johann Gottfried Riedel für die Königliche Gemäldesammlung Augusts III. von Polen erworben. Seit 1937 befand es sich als Leihgabe in der damaligen Kreishauptmannschaft zu Chemnitz und wurde während des Zweiten Weltkriegs in Rübenau (Erzgebirge) ausgelagert. Nach Kriegsende brachte man das Bild auf Anforderung der sowjetischen Kommandantur wohl zur Ausschmückung in die Wohnung eines Generals. Über die USA und weitere Stationen gelangte es in die Niederlande. Willem Jan Hoogsteder, Inhaber der Kunsthandlung Hoogsteder & Hoogsteder in Den Haag, entschloss sich, den Vorbesitzern das Gemälde abzukaufen, um es daraufhin den SKD zu schenken.
Die „Campagna-Landschaft“ wird gemeinsam mit zwei weiteren jüngst zurückgekehrten Kriegsverlusten in der Gemäldegalerie Alte Meister zu sehen sein.
Balthasar Denners (1685–1749) „Bildnis eines graubärtigen alten Herrn“ ist weniger ein Porträt als vielmehr eine Charakterstudie. Diese Studien kennzeichnen einen Großteil seines Werkes. Das kleinformatige Gemälde konnte im Oktober 2023 zurückgewonnen werden, nachdem es im deutschen Kunsthandel aufgetaucht und unter anderem anhand einer alten Inventarnummer sicher als Dresdner Kriegsverlust identifiziert worden war. Diese Nummer verweist auf das älteste Dresdner Gemäldeinventar (1722-1728) – der Charakterkopf hatte spätestens seit 1722 zur Königlichen Gemäldesammlung Augusts des Starken gehört.
Vincenzo Spisanellis (1595−1662) „Ruhe auf der Flucht“ kehrte im Juni 2023 nach Dresden zurück. Es zeigt ein bekanntes Sujet in der christlichen Kunst. Laut der biblischen Erzählung floh die heilige Familie kurz nach Jesu Geburt nach Ägypten, da der König Herodes die Tötung aller kleinen Jungen anordnete. Auch das Gemälde selbst hat eine lange Reise hinter sich. Es gelangte bereits 1742 in die Königliche Gemäldesammlung Augusts III. von Polen; 1935 ging es mit weiteren Galeriebildern als Leihgabe zunächst ins Auswärtige Amt nach Berlin. Die Gemälde waren zur Ausschmückung von Diensträumen, zum Beispiel der deutschen Botschaften in Rom und Paris, vorgesehen. 1944 sollte das Bild zurück nach Dresden gesandt werden, traf hier jedoch offenbar nie ein. Es gab keine Hinweise zum Verbleib des Bildes, bis sich eine Privatperson 2022 an die Kunstsammlungen wandte, die das Kunstwerk bei einer Auktion erworben hatte. Es gelang den SKD, mit dem dänischen Besitzer eine gütliche Einigung zu erzielen, die zur Rückkehr des Werkes führte.
Durch die Rückkehr der „Ruhe auf der Flucht“ wird der Bestand der bedeutenden Bologneser Malerei in der Gemäldegalerie Alte Meister, der immer noch 19 Kriegsverluste aufweist, weiter vervollständigt. Von den über 500 vermissten Gemälden, Pastellen und Miniaturen der Gemäldegalerien, die Hans Eberts 1963 erschienener „Katalog der Kriegsverluste der Dresdener Gemäldegalerie“ zählt, sind nunmehr 63 Alte Meister wieder „zu Hause“.
