Einladung zum Pressegespräch | Schenkung von Werken Raimund Girkes aus der Sammlung Karin Girke

21. September 2021

Einladung zum Pressegespräch anlässlich der Schenkung von Werken Raimund Girkes aus der Sammlung Karin Girke

Das Kupferstich-Kabinett der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) erhält 20 kostbare Gouachen, Bleistiftzeichnungen und andere Papierarbeiten des Künstlers Raimund Girke (1930-2002) aus der Sammlung Karin Girke geschenkt. Die Auswahl der Werke, die seine Ehefrau Karin Girke gemeinsam mit dem Kupferstich-Kabinett getroffen hat, bereichert den bereits vorhandenen Bestand um wesentliche Werke aus verschiedenen Schaffenszeiten.

Raimund Girke zählt zu den bedeutenden deutschen Künstlern in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ausgehend von den ungegenständlichen Strömungen der westlichen Nachkriegsmoderne entwickelte er konsequent eine eigene charakteristische abstrakte Bildsprache. Girke stammte aus Niederschlesien und studierte Mitte der 1950er-Jahre Kunst an der Werkkunstschule Hannover sowie der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf. Seit 1971 unterrichtete er an der Hochschule der Künste in West-Berlin, 1977 war er Teilnehmer der documenta 6.

Etwa jeweils die Hälfte der Schenkung stammt aus der Zeit um 1960 und den Jahren um 2000. Sie markieren damit sowohl den künstlerischen Aufbruch Girkes nach Beendigung des Studiums als auch die souveränen späten Jahre kurz vor seinem Tod. Ende der 1950er-Jahre verfestigt sich allmählich der lockere und bewegte Strich zu Flächen aus gitterähnlichen Strukturen, zugleich entdeckt der Künstler sein Interesse an der Farbe Weiß, das zum bestimmenden Merkmal seiner Kunst wurde. Die Verknappung von Farben und Formen ermöglicht elementare Seh- und Bilderfahrungen. Wer die Bilder betrachtet, kann den Entstehungsprozess nachvollziehen. Girke möchte den Werken keine außerbildliche Bedeutung geben, sondern das Licht wirken lassen, das den Bildraum öffnen kann oder auch undurchdringlich bleibt. Die späten Bleistiftarbeiten präsentieren Raimund Girke als einen Künstler, der mit sparsamsten Mitteln unter gestalterischer Einbeziehung der besonderen Materialität des Papiers zu spannungsreichen Kompositionen von großer Leichtigkeit gelangt.

Die ersten Werke kamen in den 1970er- und 1980er-Jahren als Geschenke u. a. von A. R. Penck und dem Kunstring Folkwang in Essen in die Sammlung, bevor der Künstler selbst 1990 ein größeres Konvolut an das Kupferstich-Kabinett übergab. Stephanie Buck, Direktorin des Kupferstich-Kabinetts: „Wir sind sehr dankbar für die Werke, die wir von Karin Girke erhalten. Durch den großzügigen Zugewinn ist es nun möglich, Raimund Girke im Kupferstich-Kabinett mit einer Auswahl an repräsentativen Arbeiten ebenbürtig neben bereits gut vertretenen Kollegen wie beispielsweise Gotthard Graubner und Günther Uecker zu erleben.“ Neben Graubner und Uecker zählt Girke mit seinem Interesse an Monochromie und Purismus zu den Pionieren der radikalen Erneuerung der Kunst nach 1960.

Neben den Kunstwerken auf Papier schenkt Karin Girke außerdem dem Gerhard Richter Archiv der SKD das Gemälde „Umgeschlagenes Blatt (70-4)“ von Gerhard Richter – es stammt aus dem Besitz ihres verstorbenen Mannes, der es ihr als Vermächtnis zugeeignet hat. Das Bild gehört zu einer kleinen Werkgruppe von 14 Variationen gemalter, umgeschlagener Blattecken, die 1965 und 1966 entstanden. Dem Thema der illusionistischen Räumlichkeit hat sich Gerhard Richter in den Jahren 1965 bis 1968 mit reduzierten Darstellungen von Schatten, Fenstern und Türen intensiv gewidmet. Innerhalb des Sammlungsbestands der SKD von Werken Gerhard Richters sowie zahlreicher Leihgaben des Künstlers, repräsentiert die Schenkung des Gemäldes „Umgeschlagenes Blatt“ eine bislang unberücksichtigte, singuläre Position im Œuvre von Gerhard Richter.

Raimund Girke hatte das Gemälde anlässlich der gemeinsamen Ausstellung von Gerhard Richter und Sigmar Polke in der „Galerie h“ in Hannover im März 1966 erworben. Girke lebte damals in der Stadt und hatte selbst eine Ausstellung in der Galerie unmittelbar vor den beiden Düsseldorfer Künstlern. Er hatte sich auch deshalb für dieses Bild entschieden, weil er in dem Motiv eine Ähnlichkeit zu seinen eigenen, gleichzeitigen Gemälden erkannte.

Für das Gerhard Richter Archiv stellt die Schenkung des Gemäldes von Gerhard Richter durch Karin Girke eine großartige Ergänzung seiner vorhandenen Bestände dar. Das Archiv besitzt von der damaligen Ausstellung bereits umfangreiches dokumentarisches Material, darunter den Originalentwurf des Kataloges, zahlreiche Fotografien, Briefe und das einzige noch vorhandene Originalplakat sowie Materialien Richters zu seiner späteren Edition der Blattecke. Diesen umfangreichen archivalischen Bestand ergänzt das Gemälde „Umgeschlagenes Blatt“ auf ideale Weise.

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