Einladung zum Pressegespräch | Zukunftsräume. Kandinsky, Mondrian, Lissitzky

21. Februar 2019

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zu den Ausstellungen

Zukunftsräume. Kandinsky, Mondrian, Lissitzky und die abstrakt-konstruktive Avantgarde in Dresden 1919 bis 1932

Heimo Zobernig. Piet Mondrian. Eine räumliche Aneignung

Demonstrationsräume. Interventionen von Céline Condorelli, Kapwani Kiwanga und Judy Radul

Laufzeit: 2. März bis 2. Juni 2019
Öffnungszeiten: täglich 10 bis 18 Uhr, montags geschlossen
Eintritt: 12 €, ermäßigt 9 €, unter 17 frei, ab 10 Personen 11 €

Drei Ausstellungen widmen sich im Bauhaus-Jubiläumsjahr historischen und zeitgenössischen Fragen zum Thema Raum, „Display“ sowie konstruktivistischer Kunst. Im Zentrum der Ausstellung „Zukunftsräume. Kandinsky, Mondrian, Lissitzky und die abstrakt-konstruktive Avantgarde in Dresden 1919-1932“, die Meisterwerke aus internationalen Museen vereint, stehen die innovativen Raumentwürfe von Piet Mondrian und El Lissitzky, die 1926 für Dresden entstanden sind. Diese bilden gleichzeitig den Ausgangspunkt für neue Arbeiten zeitgenössischer Künstler*innen. Die historischen Entwürfe sind die gedankliche Vorlage für eine Auseinandersetzung mit verschiedenen Kategorien von Raum als geometrische Form und als gesellschaftlicher Ort.

Zukunftsräume. Kandinsky, Mondrian, Lissitzky und die abstrakt-konstruktive Avantgarde in Dresden 1919 bis 1932

Eine Ausstellung des Albertinum in Zusammenarbeit mit dem Kupferstich-Kabinett und dem Archiv der Avantgarden
kuratiert von Heike Biedermann, Birgit Dalbajewa und Mathias Wagner
Ausstellungsort: Albertinum, Salzgassenflügel

1926 entwarf Piet Mondrian in Paris für die Dresdner Sammlerin Ida Bienert ein Damenzimmer in bis dahin nie da gewesener Weise während El Lissitzky in Moskau anlässlich der Internationalen Kunstausstellung Dresden in einem vergleichbar visionären Geist einen Demonstrationsraum für abstrakte Kunst konzipierte. Das Albertinum lädt nun dazu ein, in diese richtungsweisenden und international bekannten Raumgestaltungen von damals einzutreten. Das einmalige Erlebnis dieser Räume – sowohl historisch rekonstruiert als auch virtuell nachgebaut– steht im Zentrum der Ausstellung.

Dresden war – dem Ruf als traditionsverhaftete Kunststadt zum Trotz – in den 1920er-Jahren eine Plattform zur Vermittlung der Kunst des Bauhauses, des russischen Konstruktivismus und der niederländischen De-Stijl-Bewegung. Mit Hauptwerken von Wassily Kandinsky, Piet Mondrian und El Lissitzky sowie von Lyonel Feininger, Paul Klee, László Moholy-Nagy, Oskar Schlemmer und weiteren Künstlern, die zwischen 1919 und 1932 in Dresden präsent waren, erschließt das Albertinum nun die intensive Sammel- und Ausstellungstätigkeit abstrakt-konstruktiver Kunst dieser Zeit in Dresden.

„Zukunftsräume. Kandinsky, Mondrian, Lissitzky und die abstrakt-konstruktive Avantgarde in Dresden 1919 bis 1932“ umfasst rund 180 Werke, darunter Gemälde, Zeichnungen und Grafiken, Reliefs, Skulpturen, Fotografien, Bücher und Dokumente. Es werden Werke aus dem Kunstmuseum Basel, der Nationalgalerie in Berlin, dem Gemeente Museum Den Haag, der Staatlichen Tretjakow-Galerie in Moskau, dem Centre Pompidou in Paris, dem mumok in Wien, dem Kunsthaus Zürich, dem Kupferstich-Kabinett der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden sowie 40 weiteren Museen und privaten Sammlungen zu sehen sein.

Die Ausstellung erzählt darüber hinaus bislang kaum bekannte Geschichten über Dresdner Kunsthändler*innen, Sammler*innen und Ausstellungsmacher*innen und ihr großes Verlangen nach Neuem. Sie zeichnet nach, wie die formalen Ansätze einer radikalen Erneuerung der Kunst in den 1920er-Jahren, die auf unterschiedlichen gesellschaftsutopischen Ideen basierten, in die verschiedenen abstrakten und konstruktivistischen Kunstströmungen mündeten.

Kaum bekannt ist zum Beispiel, dass in einer Bildungsanstalt im ehemaligen Festspielhaus Hellerau 1924/25 neben expressionistischen Werken ein Saal für konstruktive Kunst mit Bildern von Lissitzky gezeigt wurde. Die Schau im Albertinum thematisiert bedeutende Ausstellungen wie die „Konstruktivisten-Ausstellung“ 1923 in der Galerie Emil Richter, die erste Einzelausstellung von Piet Mondrian in Deutschland 1925 in der Kunstausstellung Kühl & Kühn und die Jubiläumsaustellungen zu Kandinskys 60. Geburtstag in der Galerie Ernst Arnold. Die Galerie Neue Kunst Fides stellte neben anderen häufig Meister des Bauhauses in zeitgemäßer Ausstellungsarchitektur und in Räumen, die von Hinnerk Scheper gestaltet waren aus. Im Albertinum wird nun diese Gestaltungsidee des Bauhaus-Lehrers aufgegriffen, um auf einer 48 Meter langen, farbig unterteilten Wand Werkgruppen jener Künstler vorzustellen, deren Kunst damals noch kontrovers diskutiert wurde. Bauhaus-Möbel aus der Fides-Filialgalerie ergänzen die Präsentation.

Von den Dresdner Privatsammler*innen, die sich früh für neue Kunst-Tendenzen interessierten, war Ida Bienert die wohl wichtigste Förderin der abstrakt-konstruktiven Kunst. Als Anhängerin des Bauhauses und voller Begeisterung für Ideen des neuen Bauens und Wohnens beauftragte sie 1925 Piet Mondrian mit der Gestaltung eines Raumes in der Villa der Familie in Dresden-Plauen. Zwar konnte der Raum nie verwirklicht werden, die einzigartigen Entwurfszeichnungen dafür sind jedoch in der Sammlung des Kupferstich-Kabinetts erhalten und bilden gemeinsam mit Gemälden Mondrians einen Höhepunkt der Ausstellung.

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Lissitzkys Raum für abstrakte Kunst, der ursprünglich als Prototyp geplant und nun im Albertinum historisch rekonstruiert wurde, zielte darauf ab, die Wahrnehmung der damals jüngsten und noch umstrittenen Kunstwerke zu steigern. Mit diesem Demonstrationsraum wollte Lissitzky einerseits die Überladenheit üblicher Ausstellungsräume vermeiden und andererseits eine aktive und bewusste Kunstbetrachtung anregen. Senkrecht montierte, verschiedenfarbig gestrichene Holzlamellen ließen die Bilder je nach Standpunkt auf weißem, grauen oder auf schwarzem Grund erscheinen. Da die 1926 in diesem Raum ausgestellten Bilder heute zerstört, verschollen, übermalt oder zu fragil für den Transport sind, werden in der aktuellen Präsentation Gemälde ungarischer, russischer und rumänischer Künstler*innen, darunter Ljubow Popowa, Alexander Rodtschenko und Lajos d’Ebeneth gezeigt.

© SKD, Foto: Alexander Paul Walther, Repro: Andreas Diesend
El Lissitzky, Raum für abstrakte Kunst, Internationale Kunstausstellung Dresden 1926 Kupferstich-Kabinett, Staatliche Kunstsammlungen Dresden

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Das zur Ausstellung gehörige Raum_Labor lädt das Publikum schließlich zu eigenen gestalterischen Experimenten ein. Vorträge, Stadtrundgänge, Tanzperformances und Angebote für Schulklassen komplettieren das Programm.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog im Sandstein Verlag: Hrsg.: Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Birgit Dalbajewa, Hilke Wagner, Heike Biedermann, Andreas Dehmer, Mathias Wagner; 336 Seiten; 29 Essays; 290 meist farbige Abb.; ISBN 978-3-95498-457-2, 48 €, Museumsausgabe: 26 €.

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Heimo Zobernig. Piet Mondrian. Eine räumliche Aneignung

Eine Ausstellung des Albertinum, kuratiert von Isabelle Busch und Kathleen Reinhardt
Gesamtprojektleitung: Hilke Wagner
Ausstellungsorte: Albertinum, Lichthof und Gelenkraum, 1. OG

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Für den Lichthof des Albertinum entwickelt Heimo Zobernig (* 1958 in Mauthen, Österreich, lebt und arbeitet in Wien) eine begehbare Rauminstallation, die sich aus Farbflächen zusammensetzt. Ihre Gestaltung geht auf drei Zeichnungen Mondrians zurück, die er 1926 als Entwurf für ein Zimmer in der Villa der Dresdner Kunstsammlerin Ida Bienert angefertigt hat und die in der Ausstellung „Zukunftsräume“ gezeigt werden. Für die Wände des Zimmers hatte Mondrian ein Raster vorgesehen, das mit gelben, blauen, roten, grauen, schwarzen und weißen Farbflächen versehen werden sollte. Zobernig überführt dieses gestalterische Grundprinzip in einen begehbaren Kubus, der sich aus einer Konstruktion ineinandergesteckter Holztafeln zusammensetzt und den Ursprungsmaßen des Zimmers entspricht.

© VG Bild-Kunst, Bonn 2019
Heimo Zobernig in Kooperation mit Eric Kläring, Piet Mondrian. Eine räumliche Aneignung, 2019 Isometrischer Plan der Raum-Installation für den Lichthof des Albertinum

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Zugleich wiederholt Zobernig die Gestaltung des Innenraums auf der Außenfläche des Kubus und macht den damals von Mondrian nicht ausgeführten Entwurf nun räumlich und skulptural erlebbar.

Heimo Zobernig befasst sich immer wieder mit geometrischen Abstraktionen wie jenen von Piet Mondrian. In einem seit 2000 entstehenden Gemäldezyklus untersucht Zobernig mit Materialien wie Acrylfarbe und Klebeband das Raster als richtungsweisende Ausdrucksform seit der Moderne. Eine Auswahl jüngerer Gemälde aus dieser Serie ist begleitend zu seiner Installation im Albertinum ausgestellt.

Demonstrationsräume. Interventionen von Céline Condorelli, Kapwani Kiwanga und Judy Radul

Ein Interventionsprojekt des Albertinum, kuratiert von Isabelle Busch und Kathleen Reinhardt
Gesamtprojektleitung: Hilke Wagner
Ausstellungsorte: Eingang Georg-Treu-Platz und Gläsernes Depot (Judy Radul), Slevogt-Raum, 2. Etage (Kapwani Kiwanga) sowie weitere Räume in der 2. Etage (Céline Condorelli)

Die Künstlerinnen Céline Condorelli, Kapwani Kiwanga und Judy Radul wurden eingeladen, im Rahmen des Projekts „Demonstrationsräume“ künstlerische Interventionen für die Sammlungspräsentation des Albertinum zu entwickeln. In verschiedenen Räumen des Museums zeigen sie ortsbezogene Arbeiten, die den Fokus auf jene Elemente der Ausstellung lenken, die sonst leicht übersehen werden: Sitzbänke, Licht, Sockel und die gläsernen Wände des Schaudepots. Die neuen Arbeiten setzen sich so mit Gewohnheiten des Sehens und räumlichen Wahrnehmens auseinander.

Céline Condorelli (*1974 in Paris, Frankreich, lebt und arbeitet in London) recherchierte zu Sitzgelegenheiten, die in verschiedenen Jahrzehnten im Albertinum die Art des Verweilens geprägt haben. Sechs dieser unterschiedlichen Sitzmöbel konnten in den Depots ausfindig gemacht und von der Künstlerin neu gestaltet werden. Diese werden als benutzbare und zugleich skulpturale Sitzgelegenheiten zusammen mit einem eigens für das Albertinum entworfenen Sitzmöbel, einer Reihe von Zeichnungen sowie einer Auswahl historischer Ausstellungsansichten des Albertinum in den Ausstellungsrundgang integriert.

Kapwani Kiwangas (1978 in Hamilton, Ontario, Kanada, lebt und arbeitet in Paris) Installation zitiert das gerasterte Oberlicht des Raums, in dem ein Gemäldezyklus des Impressionisten Max Slevogt ausgestellt ist, der 1914 auf einer Ägyptenreise entstanden war und Landschaften in strahlenden Farben zeigt. Kiwanga positioniert einen gerasterten Lichtkörper zentral im Raum, dessen Licht sich am Tageslicht in Ägypten orientiert. Er beleuchtet eine Installation verschiedenfarbiger, großer Stoffbahnen, deren Farben zwei Gemälden aus Slevogts Zyklus entlehnt sind: vom facettenreichen Blau des Himmels über ockerfarbene, sandige und erdige Bodentöne bis hin zu jenen Farben, mit denen die Haut von zwei Sudanesischen Frauen definiert wird. Mit ihrer Arbeit richtet Kiwanga den Blick auf das Verhältnis von realem Raum, Bildraum und Ausstellungsraum und den damit verbundenen Fragen der Wahrnehmung.

Judy Radul (*1962 in Lillooet, British Columbia, Kanada) reflektiert mit einer Videoinstallation im Gläsernen Schaudepot im Eingangsbereich des Albertinum aktuelle medial bestimmte Sehgewohnheiten, die von Frontalität und Flächigkeit geprägt sind. Das Gläserne Depot präsentiert in einem für die Besucher*innen unzugänglichen, aber durch große Glasfenster einsehbaren Raum einen Teil der Skulpturensammlung. Radul installiert an verschiedenen Positionen dieses Depots Kameras, die Stellen von Skulpturen filmen, die für die Betrachter*innen sonst nicht sichtbar sind. Diese Bilder werden live auf einen Monitor übertragen, der vor dem Depot steht. Der Monitor ist Teil einer Installation aus Sockeln aus dem Bestand des Albertinum, die wiederum von der Künstlerin neue Sockel erhielten. Es entsteht ein System, das die Hierarchien des Zeigens ebenso vergegenwärtigt wie das damit verbundene Verhältnis zu den Betrachter*innen.

Das Interventionsprojekt „Demonstrationsräume“ knüpft an Ideen El Lissitzkys an, der diesen Begriff für seine räumlichen Arbeiten verwendete, zu denen auch sein Raum für Abstrakte Kunst zählt, der 1926 als Ausstellungsraum für die Internationale Kunstausstellung Dresden entstanden war. Mit seiner unkonventionellen Raumgestaltung verfolgte Lissitzky das Ziel, zu einer aktiven Kunstbetrachtung anzuregen Bis heute wohnt den progressiven Entwürfen Mondrians und Lissitzkys das Potenzial inne, neue Denkansätze anzuregen.

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Im Rahmen beider Projekte findet im Frühjahr 2019 ein Kolloquium statt, das sich interdisziplinär mit dem Display, also dem Ausstellen von Kunst beschäftigt. Ausstellung, Interventionen sowie die Ergebnisse des Kolloquiums werden in einer Publikation dokumentiert.

Parallel findet im Kupferstich-Kabinett der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden noch bis zum 12. Mai 2019 die Sonderausstellung „Tendenz Abstraktion – Kandinsky und die Moderne um 1910“ statt.

Die SKD kommunizieren über #demonstrationsräume, #albertinum und #skdmuseum auf Social Media.

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