Symposium

Die Rolle enzyklopädischer Museen in politisch komplexen Zeiten (in Europa)

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Europe and the world: a symphony of cultures

Vom 16. bis zum 29. April 2018 erforschte 'Europe and the world: a symphony of cultures' (dt. "Europa und die Welt: eine Symphonie der Kulturen") Europas Interaktion mit der Welt und bemühte sich, einen Dialog zwischen Werken der klassischen sowie zeitgenössischen Musik und den herausragenden Sammlungsobjekten des British Museums aus aller Welt zu ermöglichen. Das Festival trug so zu einem besseren Verständnis der Rolle des enzyklopädischen Museums, aber auch dem sich ständig entwickelnden Verhältnis Europas zur Welt bei.

Organisiert vom British Museum und den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Unterstützt durch das Auswärtige Amt der Bundesrepublik Deutschland.

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Press Release

 Website des Festivals

Dreitägiges Symposium, 13. – 15. September 2017

Die Rolle enzyklopädischer Museen in politisch komplexen Zeiten (in Europa)

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Symposium: Die Rolle enzyklopädischer Museen in politisch komplexen Zeiten (in Europa)

 

Dreitägiges Symposium, 13. – 15. September 2017, Staatliche Kunstsammlungen Dresden
Begleitend zu dem Jerusalem Arts Festival im Israel Museum und dem London Arts Festival im British Museum fand Mitte September 2017 ein dreitägiges internationales Symposium zum Thema der Rolle und Herausforderung von enzyklopädischen Museen in politisch komplexen Zeiten (in Europa) in der Kunsthalle im Lipsiusbau statt.

Text

Jüngste politische Ereignisse wie der „Brexit“ oder der Ausgang der US-amerikanischen Wahlen sowie der vielfach in europäischen Ländern aufkommende Rechtspopulismus sorgen weltweit in der Kunst- und Kulturszene für intensive Diskussionen über Wertvorstellungen. So plant die globale Vereinigung „Hands Off Our Revolution“, die sich aus über 200 Künstlern, Musikern und Vertretern der Kulturszene zusammensetzt, Ausstellungen und Aktionen, bei der Kunst als Mittel gegen die wachsende Rhetorik des rechten Populismus dienen soll und sie der verstärkt aufkommenden Intoleranz und Xenophobie entgegengesetzt wird. Die menschliche Freiheit einschränkende Maßnahmen, wie Trumps Dekret zum Einreiseverbot vom 27. Januar 2017, zwingen auch Museen und kulturelle Institutionen im Allgemeinen zu einer Positionierung. Das Museum of Modern Art in New York hat beispielsweise eine teilweise Neuhängung im 5. Stock vorgenommen und Werke von Zaha Hadid (Irak), Charles Hossein Zenderoudi (Iran) oder Ibrahim el Salahi (Sudan) anstelle von Gemälden von Henri Matisse, Pablo Picasso oder Francis Picabia platziert. Die Beschriftung der Werke wurde mit dem Hinweis versehen, dass die Künstler aus einem der sieben Länder stammen, deren Bürgern ein Reiseverbot auferlegt wurde. Diese Aktion verdeutlicht das Potential von Kunst gerade in politisch komplexen Zeiten, in denen demokratische Grundwerte in Frage gestellt werden. Die Notwendigkeit eines Diskurses über transkulturelle Verflechtungsprozesse und interkulturellen Wechselwirkungen wird dadurch ins Bewusstsein gerückt.
Zunehmend gefährden Nationalismus und Rechtspopulismus in Europa das freie künstlerische Denken. Festzustellen ist, dass die kulturelle und künstlerische Zensur in den letzten beiden Jahren weltweit rasant angestiegen ist. Für Museen und kulturelle Institutionen stellt sich immer zwingender die Frage nach ihrer gesellschaftlichen Rolle. Insbesondere aber sind Museen mit multi- und transdisziplinären Sammlungen aufgefordert, ihre Rolle kritisch zu reflektieren. Welchen Beitrag können und müssen enzyklopädische Museen angesichts der aktuellen Polarisierung der Gesellschaft leisten? Welches sind ihre Herausforderungen und wo stecken noch ungeahnte Potentiale? Wie können komplexe Themen und Zusammenhänge einem breiten Publikum vermittelt werden? 

 

#SKDsymposium

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Text

Die kunst- und kulturgeschichtlichen, ethnologischen, archäologischen oder handwerklichen Bestände enzyklopädischer Museen verleihen den Sammlungen eine vielschichtige historische Tiefe und können als Vokabular der Weltgesellschaft gelten. Die auf historische Denkmäler, Schulen und Bibliotheken abzielende Kriegsführung in verschiedenen Regionen der Welt und die einhergehende Zerstörung von Kulturgut oblegen enzyklopädischen Museen eine besondere Aufgabe als offenes Archiv der Weltkulturen. Dank ihrer kompendienhaften Bestände können solche Institutionen komplexe geistige Zusammenhänge Europas und der Welt eindrücklicher thematisieren und sie einem breiten und internationalen Publikum vermitteln. James Cuno, Präsident des J. Paul Getty Trust, unterstreicht die Verpflichtung dieser Museen, zur Förderung des kulturellen Austauschs beizutragen: 

"By presenting the artifacts of one time and one culture next to those of other times and cultures, encyclopedic museums encourage curiosity about the world and its many peoples. They also promote a cosmopolitan worldview, as opposed to a nationalist concept of cultural identity. In an era of globalization that is nonetheless marked by resurgent nationalism and sectarianism, antiquities and their history should not be used to stoke such narrow identities. Instead, they should express the guiding principles of the world's great museums: pluralism, diversity, and the idea that culture shouldn't stop at borders-and nor, for that matter, should the cosmopolitan ideals represented by encyclopedic museums."

(Culture War. By: Cuno, James, Foreign Affairs, 00157120, Nov/Dec2014, Vol. 93, Issue 6)

Die Kunstkammern als Vorläufer und die oftmals aus ihnen hervorgegangenen enzyklopädischen Museen dienten lange Zeit als Ort der Weltanschauung in einem wörtlichen Sinne, wenn nicht als führende Modelle der Weltaneignung. Zeitgleich zur zunehmenden Wichtigkeit des enzyklopädischen Denkens während der Zeit der Aufklärung im 18. Jahrhundert und dem Streben nach Struktur und Architektur des Wissens, wurden Sammlungen strenger in öffentliche Spezialmuseen aufgeteilt. Für die großen enzyklopädischen Museen geht es heute erneut darum, kritisch zu prüfen, wie das Wissen über ihre Sammlungen generiert wurde und wird, welcher Taxonomie diese Sammlungen unterworfen sind, aus welchem Kontext die Sammlungsstücke stammen und unter welchen Bedingungen sie in die Bestände gelangt sind, oder wie Geschichten um die Objekte herum rekonstruiert werden und welche Sicht auf die Welt ihre Präsentationen vorgeben. Die musealen Institutionen schaffen nicht nur Wissen und Kultur, sondern auch Identitäten. Besonders in Zeiten, wo Nationalismus zunimmt und die Toleranz gegenüber anderen Kulturkreisen schwindet, werden dieses Bewusstsein und dessen Vermittlung umso wichtiger. Während des Symposiums sollen Themen und Begriffe wie beispielsweise "postfaktisches Zeitalter", "Autonomie und Gedankenfreiheit", "wessen Erbe?", oder "das Museum als Schutzraum" kontrovers diskutiert werden. Zum Symposium Die Rolle enzyklopädischer Museen in politisch komplexen Zeiten (in Europa) sprechen internationale MuseumsdirektorInnen. Als Vertreter weltweit herausragender kunst- und kulturgeschichtlicher Sammlungen bietet ihre Teilnahme die nötige Tiefe und Vielfalt für den wissenschaftlichen Diskurs. Gleichzeitig tragen die unterschiedlichen Perspektiven der Teilnehmenden dazu bei, die eigene Position kritisch zu hinterfragen, so dass das Symposium zu einem offenen und kritischen Diskurs zur Rolle enzyklopädischer Museen beiträgt. Matthew Teitelbaum, Direktor des Museum of Fine Arts in Boston, übernimmt die Moderation der Konferenz.

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